Steuerverschwendung in Niedersachsen
Die Brücke, die keiner braucht
In Gifhorn wird z.B. mitten Wald für 200.000 Euro eine Brücke restauriert, die niemand benutzt, weil hier kaum Menschen vorbeikommen und zudem direkt daneben ein gut passierbarer Weg verläuft. Mehr über diesen und weitere Fälle von Steuerverschwendung in Niedersachsen lest ihr hier.
„Ich nehm den Schotterweg"
Weitere Schwarzbuchfälle 2020 aus Niedersachsen und Bremen
Der endgültige Abschied von der „Seute Deern“ galt als beschlossene Sache, nachdem ein Gutachten dem Holzsegler 2018 einen „konstruktiven Totalschaden“ bescheinigt hatte – das Schiff sollte abgewrackt werden. Die Freie Hansestadt Bremen und die Stadt Bremerhaven lehnten eine Finanzierung der teuren Sanierung aus nachvollziehbaren Gründen ab. Da beschloss der Bund 2019 völlig überraschend, stolze 46 Mio. Euro für einen Nachbau des Schiffs bereitzustellen. Dabei gibt es mindestens eine wesentlich günstigere Alternative. Ein teures Geschenk aus Berlin soll auch der Landkreis Harburg erhalten. 5,4 Mio. Euro möchte der Bund für eine umstrittene Erweiterung der „Kunststätte Bossard“ in Jesteburg bereitstellen. Mindestens weitere 2 Mio. Euro soll der Landkreis bereitstellen. Sollte die Erweiterung Realität werden, fürchtet der Bund der Steuerzahler, dass sich die Kunststätte wegen ansteigender Defizite zu einem Fass ohne Boden entwickelt. Denn allein die Eintrittsgelder der Besucher werden werdenden den Betrieb der Kunststätte nicht finanzieren können. Ein 40 Meter hoher Werbeturm aus Stahl sollte zum Aushängeschild des neuen Gewerbegebiets der Stadt Schortens werden und ortsansässigen Firmen eine günstige Werbeplattform nahe der Bundesstraße 210 bieten. Durch die Vermietung der Werbeflächen sollten sich die Baukosten von 250.000 Euro innerhalb von 10 Jahren amortisieren. Es kam anders: Die Kosten stiegen auf 707.000 Euro und die Vermarktung der Werbeflächen stockt bis heute – auch weil der Turm kleiner als versprochen und zudem an einer äußerst ungünstigen Stelle errichtet wurde. Mit der Übernahme der städtischen Energienetze durch die 2010 eigens hierfür gegründeten Stadtwerke sowie mit dem Vertrieb von Öko-Strom war sich die Stadt Aurich felsenfest sicher, Gewinne zu erzielen. 10 Jahre später ist der Traum endgültig geplatzt: Die Stadtwerke Aurich werden aufgrund ständiger Verluste abgewickelt. Übrig bleibt eine saftige Rechnung von rund 3,3 Mio. Euro für den Steuerzahler. Einen ganz schlechten Deal hat die Stadt Goslar mit dem Verkauf eines 12.622 qm großen Areals am „Kattenberg“ gemacht. Wegen gravierender Versäumnisse bei der Gestaltung des Kaufvertrags mit der Klosterkammer Hannover zahlt der Steuerzahler sogar drauf – insgesamt rund 2,8 Mio. Euro, die sich die Stadt Goslar und die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank) teilen. Mit ihrer Entscheidung gegen den Planfeststellungsbeschluss der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zur geplanten 380-kV-Höchstspannungsleitung zwischen den Ortschaften Mahle und Mecklar zu klagen, setzten einige Mitglieder des Verwaltungsausschusses der Stadt Einbeck ein teures politisches Signal. Denn obwohl im Vorhinein bereits klar war, dass sie vor dem BVerwG zu Leipzig unterliegen würde, zwangen die Abgeordneten die Stadt mehrheitlich zur Klage. Die vergeblichen Prozesskosten von über 13.000 Euro zahlt der Steuerzahler. Eine finanzielle Inhaftungnahme der Abgeordneten durch die Stadtverwaltung war am Widerstand der Stadtpolitiker gescheitert. Ursprünglich sollte die neue Leitstelle der Feuerwehr Hannover am Weidendamm ihren Dienst bereits im Dezember 2017 aufnehmen. Damit ist nun jedoch nicht vor Mitte 2021 zu rechnen. Grund: Ein langwieriger Streit zwischen der Landeshauptstadt Hannover und dem beauftragten Bauunternehmen. Der Streit scheint zwar seit diesem Sommer endlich beigelegt, allerdings mit teuren Folgen. Bis zu 12,5 Mio. Euro zahlt die Stadt im Rahmen eines Vergleichs an die Baufirma. Hinzu kommen weitere 5,3 Mio. Euro für Ersatzinvestitionen, die ohne die Bauverzögerungen nicht nötig gewesen wären. Baukostenexplosion auch beim Bau der Friesland-Umgehung (Bundesstraße 210) in Emden. Der Bau der nur rund 1,9 km langen Trasse, der vor knapp 5 Jahren begann, soll statt 24 Mio. Euro nunmehr 46,1 Mio. Euro kosten – über 24.000 Euro pro Meter. Wesentlicher Grund für den Kostensprung sind eine Planungspanne bei einer Bahnquerung sowie falsch eingeschätzte Baugrundverhältnisse. Fehler, die bei sorgfältigerer Planung vermeidbar gewesen wären. Einen Erfolg konnte der Bund der Steuerzahler Anfang 2020 in Delmenhorst verzeichnen. Im letzten Moment konnte der BdSt die Abwahl der Stadtbaurätin verhindern, die einem „goldenen Handschlag“ gleichgekommen wäre. Dem Delmenhorster Stadtrat führte der BdSt die unvertretbar hohen Versorgungskosten (327.000 Euro) sowie den offensichtlichen Rechtsmissbrauch der vom Oberbürgermeister vorgeschlagenen Entscheidung vor Augen. Danach bröckelte die erforderliche Mehrheit im Stadtparlament. Noch zu verhindern ist die Ausgabe von bis zu 7 Mio. Euro für den Bau einer weiteren S-Bahnhaltestelle in Springe. Bislang hält die Region Hannover jedoch hartnäckig an ihrem Vorhaben fest. Dabei soll die neue Haltestelle „Deisterpforte“ nur knapp 1.000 Meter beziehungsweise 90 Sekunden Fahrtzeit von dem bereits bestehenden Bahnhof Springe entfernt liegen. Der Bund der Steuerzahler hält einen barrierefreien Ausbau des bestehenden Bahnhofs sowie eine bessere Busanbindung für zielführender, um mehr Fahrgäste für den ÖPNV zu gewinnen. Bereits im Schwarzbuch 2017 berichtete der BdSt über den seit 2013 leerstehenden, 24 Mio. Euro teuren Neubau des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Braunschweig. Obwohl die Inbetriebnahme des BVL-Gebäudes für 2017 vorgesehen war, stehen die Labor- und Verwaltungsräume heute immer noch leer. Es fallen jedes Jahr Unterhaltskosten von rund 92.000 Euro an – bisher insgesamt ca. 700.000 Euro. Viele Jahre beschäftigte die „Dschungellehrerin“ aus Soltau die niedersächsischen Gerichte. Im Dezember 2019 und damit circa drei Jahre nach der Berichterstattung im Schwarzbuch 2016 zog das OVG Lüneburg nun endlich den Schlussstrich und verhängte die disziplinarrechtliche Höchststrafe. Die Lehrerin wurde aus dem Beamtenverhältnis entlassen und verlor darüber hinaus ihre Pensionsansprüche. Das aktuelle Schwarzbuch greift diesen Fall erneut auf, um zu zeigen, dass kalkuliertes Beamten-Fehlverhalten nicht folgenlos bleibt.