28. Februar 2022 – Johanna Grüter

Wusstet ihr...?

10 Fakten über... Bad Rothenfelde

Ihr wollt Meeresluft atmen, aber die Nordsee ist zu weit weg? Dann seid ihr in Bad Rothenfelde genau richtig! Warum es hier Strandluft gibt, wie ein Y-förmiger Ast die Zukunft des Kurortes rettete und welchen unsichtbaren Berufszweig man hier ausführt, erfahrt ihr in unseren zehn Fakten über...Bad Rothenfelde!

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Der Rudi-Wernemann-Rosengarten neben dem Neuen Gradierwerk. Hier gelten besonders gute Wachstumsbedingungen für die hübschen Blumen. Foto: Kur und Touristik Bad Rothenfelde

Im südlichen Landkreis Osnabrück befindet sich das Heilbad mit Freiluft-Inhalatorien Bad Rothenfelde. Das rund 8.400 Einwohner große Städtchen bietet mehrere Solequellen und das längste stützenfreie Gradierwerk Westeuropas, das Salzwasser (die sog. Sole) ans Tageslicht bringt. Dadurch entsteht frische "Meeresluft" und das ganz in der Nähe des Teutoburger Waldes. Hier erlebt man ein heiteres "Heile-Welt-Gefühl" und abenteuerliche Führungen durch unterirdische Gänge. Auf geht's durch Bad Rothenfelde!

Der zweimal geteilte Bahnhof Dissen-Bad Rothenfelde

Wenn ihr mit dem Zug in den hübschen Kurort fahren möchtet, kommt ihr an einem ganz besonderen Bahnhof an. Bad Rothenfelde teilt sich seinen Bahnhof nämlich mit dem benachbarten Ort Dissen. Damit aber noch nicht genug: Bad Rothenfelde und Dissen teilen sich die Haltestelle ebenso mit der Stadt Halle/Westfalen. Wie kommt es denn zu sowas?

Der zweimal geteilte Bahnhof hat seinen Ursprung im Jahre 1866. Damals hatten beide Parteien eine florierende Lebensmittelindustrie, sodass man sich dazu entschied, aus logistischen Gründen den Bahnhof auf die Hälfte der Strecke zwischen den Orten zu legen und ganz nebenbei auch die Kosten für das Bahnhofsgebäude zu teilen. Gleichzeitig war auch Halle/Westf. am Bahnhofsgebäude interessiert und übernahm die Hälfte des Gesamtbetrags. So zahlten schlussendlich Dissen-Bad Rothenfelde und die westfälische Stadt jeweils eine Hälfte. Demnach hängen auch zwei Haltestellenschilder am Bahnhofsgebäude. In einem entspannten Tempo gelangt man von dort aus zu Fuß übrigens innerhalb von 25 Minuten in die Innenstadt zum Kurpark.

Schon gewusst? Das historische Bahnhofsgebäude wurde gar nicht neu für die Zughaltestelle errichtet, sondern kommt ursprünglich aus Hildesheim und ist somit second hand. Mehr Fun-Facts zu Hildesheim gibt's hier!

Salzgewinnungsanlage wird zur Galerie

In Bad Rothenfelde dreht sich einiges um Salz. Durch die vorhandenen Solequellen baute die damalige Siedlung ihre Industrie rund um das weiße Gold auf. Um an das Salz heranzukommen, benötigt man unter anderem Gradierwerke. Sie sind oftmals Teil eines Salzwerks und dienen dazu, die Salzkonzentration im Wasser zu erhöhen. Um den Produktionsprozess zu beschleunigen, ließ der "berühmte Salinist" Carl-Ludewig Schloenbach das Neue Gradierwerk erbauen. Seine Vision: eine 412 Meter lange, stützenfreie Salzgewinnungsanlage. Und die sollte verwirklicht werden. Seine neue Baukonstruktion, die auf äußere Seitenstützen verzichtete, wurde nach zwei Jahren Bauarbeiten 1824 fertiggestellt und galt als das, was Schloenbach sich von Anfang an vorstellte: visionär.

Durch seine stattliche Länge und die Wände aus Dornen bietet das Gradierwerk 10.000 Quadratmeter Platz für Lichtprojektionen, die durch die strukturierte Wand noch facettenreicher erstrahlen können. Bilder und Schriftzüge aus jeglichen Kulturen und verschiedenster Künstler könnt ihr hier im Dunkeln bestaunen. Zusätzlich sind im umliegenden Kurpark andere Kunstinstallationen verteilt, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind.

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Bei der Projektions-Triennale, der "lichtsicht 7" zeigt das Werk von den Künstlern Jeffrey Shaw und Sarah Kenderdine zwanzig Gruppen von am Computer modellierten menschlichen Figuren, die eine nach der anderen über die 312 Meter Länge der Projektionswand fallen. Foto: picture alliance/dpa

Eine ganz besondere Rosenart

Rosen fühlen sich in Meeresnähe wohl. Wie passend also, dass die Bad Rothenfelder Sole Millionen Jahre altes Meerwasser ist. Demenstprechend ist es kein Wunder, dass die edlen Gewächse so prächtig in der Nähe des Neuen Gradierwerks blühen. Im Rudi-Wernemann-Rosengarten leuchten die Blütenfarben von über 6.500 Rosenstöcken und mehr als 250 verschiedenen Sorten um die Wette. Darunter trägt eine Rosenart den Namen "Rose der Einheit". Sie wurde extra als Zeichen der Deutschen Einheit gezüchtet.

Die bedeutungsvolle Rosenart wurde Ende 2020 zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit mit Unterstützung vom ehemaligen Bundestagsabgeordneten Rainer Spiering (SPD) und der ersten "Grünen"-Landrätin Anna Kebschull eingepflanzt. Beide Politiker sind außerdem Bad Rothenfelder Bürger. Gepflegt wird der Garten übrigens ehrenamtlich von den "Freunden des Rosengartens e.V.".

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Einpflanzung der Rose der Einheit. Sie wächst nun auch im Rosarium neben 250 anderen Rosenarten. Foto: Kur und Touristik Bad Rothenfelde

Die unbekannte Unterwelt von Bad Rothenfelde

Wo sich die unterirdischen Solegänge überall erstrecken, weiß heute niemand mehr. Das weit verzweigte Labyrinth verästelte sich im Laufe der Zeit immer mehr. Durch den Bau des Neuen Gradierwerks vergrößerte sich das Netz und blieb bis 1850 in Betrieb. Seither ist unklar, wie viele Gänge noch begehbar sind und welche Streckenlänge das Labyrinth insgesamt aufbringt. Seit 2018 wurde allerdings ein 50 Meter langer Abschnitt für Besucher aufbereitet, sodass sich Touristen einen Eindruck der Unterwelt des Heilbads machen können. Wenn ihr abenteuerlustig seid, könnt ihr zwischen Ende April und Ende September den Gang am Wochenende besichtigen.

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Hier zu sehen ist der seit 2018 begehbare Solegang. Viel ist über die Länge des unterirdischen Labyrinths nicht bekannt. Foto: Kur und Touristik Bad Rothenfelde

Heimkehr eines Stars

Einer der bekanntesten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts stammt aus Osnabrück. Erich Maria Remarque (ursprünglich Remark), den ihr vielleicht aus Eurer Schulzeit kennt. Er verfasste die beliebte Lektüre "Im Westen nichts Neues". Zum 12. Juni 1954 führt es den Weltenbummler-Autor mit schillerndem Lebensstil zurück in die Heimat, um auf dem Bad Rothenfelder Friedhof seinen Vater Peter Franz Remark zu beerdigen. Acht Jahre nach dem Tod des preisgekrönten Schriftstellers wird auch dessen Schwester Erna dort beigesetzt.

Der Kellergeist vom Palsterkamp

Wenn ihr Fans von Spukgeschichten seid, dann passt gut auf, denn jetzt wird's schaurig!

Im Keller der Burg Palsterkamp soll der Geist des "Dullen von Oer" gehaust haben. In seiner Zeit als Lebendiger war der Oberst Caspar von Oer ein echter Tyrann und gewalttätiger Hitzkopf. Er hasste die Klosterleute aus dem nahegelegenen Ort Bad Iburg und entfachte einen jahrelangen Streit mit ihnen über das Jagdrecht. Während der Auseinandersetzungen erschoss er den Klostervogt und landete dafür nicht einmal hinter Gittern. Da er dänischer Abstammung war, gewährte der damalige König Dänemarks ihm freies Geleit und einige Jahre Asyl im skandinavischen Land. Als Caspar von Oer zurück nach Bad Rothenfelde kam, trat ihm jedermann respektvoll gegenüber und sogar das Iburger Drostenamt wurde ihm übergeben. Irgendwann kam es, dass er nach einem wilden Zechgelage in den Burggraben fiel und dort ertrank. Seither treibt der Geist des "Dullen von Oer" im Keller der Burg sein Unwesen. 1789 ersetzte man die Burg durch ein Herrenhaus. Ob der Geist auch hier noch spukt?

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Wie aus einem Gruselroman steht die Burg Palsterkamp für sich. Im Burgkeller spukte der Geist des "Dullen von Oer". Foto: Kur und Touristik Bad Rothenfelde

Eine Astgabel rettet Bad Rothenfelde

Wer braucht noch Batman oder Superman, wenn man eine Stadt genau so einfach per Wünschelrute retten kann? Ihr kennt Wünschelruten bestimmt noch aus Eurer Kindheit, Film oder Fernsehen. Mit der Y-förmigen Astgabel suchen Gestrandete in der Wüste nach Wasser oder man ging selbst auf Entdeckungstour, um eine unterirdische Wasserquelle zu finden. Für uns blieb die Suche in Kindertagen meist erfolglos, doch in Bad Rothenfelde wurde per Wünschelrute der Wittekind- und Weidtmannsprudel aufgespürt. Durch diesen Fund wurde dem Ort sogar die Zukunft gerettet!

1919 ging dem Heilbad langsam der Vorrat an Quellsole aus, von der der Großteil der Industrie abhängig war. Man musste sich also auf die Suche nach einer neuen Quelle machen und holte sich dafür unter anderem Hilfe beim Wünschelrutengänger Paul Beier aus Berlin. Dieser spürte den Wittekindsprudel auf, der bis heute den Vorrat an Quellsole sichert und seit 1930 die Stadt damit versorgt. Für Beier war es der Fund seines Lebens, weshalb er internationale Wünschelrutengänger nach Bad Rothenfelde zu einem Kongress einlud.

Ein unsichtbarer Beruf?!

Wer nach einem seltenen Beruf sucht, wird in Bad Rothenfelde allemal fündig! Die Gradierwerke des Ortes müssen stets instand gehalten werden und dem nehmen sich Thomas Wilker und sein Kollege Ronny Gerloff an. Die beiden Gradierwerker kümmern sich das ganze Jahr über per Handarbeit um die Salzgewinnungsanlagen. Ohne sie wäre das Inhalieren der gesunden Luft nicht möglich. Fast unsichtbar führen die beiden Männer ihren Beruf aus, denn entweder arbeiten sie auf dem Gradierwerk oder in seinem Inneren. Ihre Aufgaben sind mitunter hunderte Zapfhähne von Algen zu befreien und die Technik aus Holz, Träufelrinnen und Röhrenfahrten zu pflegen.

Niedersachsens erste Long Covid-Therapie

Die Kliniken des Kurorts haben sich im Laufe der Corona-Pandemie angepasst und bieten seither Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten gegen die Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung. Niedersachsens erste und bisher einzige Klinik mit einem solchen Therapieangebot ist die "Klinik Teutoburger Wald". Sie fokussiert sich auf die Atemwege, Konzentrationsschwäche und die Eingliederung in den Alltag nach der Krankheitsperiode. Währenddessen behandelt die zweite Klinik Patienten, die unter psychosomatischen Beschwerden aufgrund von Long Covid leiden.

Übrigens: Ende 2020, als die ersten Impfstoffe gegen das Corona-Virus auf den Markt kamen, wurde in einem Altenheim in Bad Rothenfelde als eine der ersten Einrichtungen Niedersachsens geimpft. Auch Antenne Niedersachsen war damals für Euch vor Ort. Hier könnt ihr nochmal alles zum Start der Corona-Impfungen in Niedersachsen nachlesen.

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Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD, l) besucht die Klinik am Teutoburger Wald. Sie ist die erste Reha-Klinik für Post-Covid Erkrankte im Bundesland. Foto: picture alliance/dpa

50 Kinderheime

Zu Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkrieg, sowie in der Nachkriegszeit wurden in ganz Deutschland Kinder aus den Städten in Heime auf dem Land geschickt. Bad Rothenfelde war Ort für 50 dieser Einrichtungen, in der Kinder unterkamen und teilweise therapiert wurden. Wegen des weggebrochenen Tourismus standen viele Gastgeberhäuser in dem Kurort leer, sodass sie von Städten wie Oldenburg, Recklinghausen oder kirchlichen Verbänden als Institutionen genutzt wurden. Außerdem sammelten sich die fremdbetriebenen Einrichtungen wegen des umliegenden Waldes, der Landwirtschaft und natürlich der Soleluft in Bad Rothenfelde an.

Die Gründe für die Kinderlandverschickung waren je nach Zeit unterschiedlich. Generell erhofften sich die Eltern aber, ihren Kindern etwas Gutes damit zu tun. Die Heime kann man allerdings nicht mit einem Ferienlager vergleichen. In den 1990ern wurden die letzten Kinderheime endgültig in Bad Rothenfelde geschlossen.

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