14. Februar 2025 – Sarah Buletta

Blindgänger müssen entschärft werden

Evakuierungen in Osnabrück: Not-Räumung am Freitag - Alles nach Plan am Sonntag

Aufgrund eines neuen Bombenfundes mussten am Freitag rund 14-Tausend Menschen ihre Wohnungen kurzfristig verlassen. Am Sonntag sind dann etwa 12-Tausend Anwohner des Osnabrücker Lokviertes erneut betroffen.

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Foto: picture alliance / dpa

Schock für Anwohner der Osnabrücker Innenstadt und der Stadteile Schinkel und Fledder. Am späten Freitagvormittag hieß es plötzlich: Alle raus aus ihren Wohnungen! Notwendig gemacht hatte die ungeplante Evakuierungsmaßnahme ein neuer Bombenfund an der Großbaustelle im Lokviertels.

Ein Bagger hatte den Blindgänger bei Aushubarbeiten gestreift. Der Kampfmittelräumdienst rückte sofort an und bewertete die Lage als akut gefährlich. Grund: Der Zünder des Blindgängers war in keinem guten Zustand. Schnell war klar: Wie bereits bei der letzten Räumung am 17. November 2024 müssen 14-Tausend Anwohner in Sicherheit gebracht werden, bevor die Bombe entschärft werden kann.

In der Gesamtschule Schinkel wurde ein Evakuierungszentrum eingerichtet, online wurde zum Bevölkerungsschutz in Osnabrück laufend informiert und auch ein Bürgertelefon unter 0541 / 323 44 90 wurde eingerichtet. An der für Sonntag geplanten Evakuierungsmaßnahme ändert das aber nichts.

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27.10.2013 ARCHIV: Auf einem Verkehrsschild wird am 27.10.2013 in Osnabrück (Niedersachsen) auf eine Bombenräumung hingewiesen., Foto: picture alliance / dpa

Planmäßige Evakuierung am Sonntag 16.02.25

Auf der Mega-Baustelle neben dem Osnabrücker Hauptbahnhof entsteht das neue Lok-Viertel. 3500 Menschen sollen in Zukunft auf dem ehemalige Güter-Bahnhof Gelände grün und nachhaltig leben. Vorher müssen aber noch eine Menge Altlasten aus dem Boden entsorgt werden. Dabei geht es neben alten Bahngleisen vor allem um Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Sieben konnten die Sprengmeister bei der größten Bombenräumung der jüngeren Stadtgeschichte im November letztes Jahr unschädlich machen. Am Sonntag, den 16. Februar nehmen sich die Experten vier Verdachtspunkte vor. Dieses Mal müssen knapp 12.000 Menschen das Evakuierungsgebiet bis 7 Uhr morgens verlassen. Das sind rund 2000 weniger als im November. Der Aufwand bleibt aber in etwa derselbe, sagt Stadtsprecher Simon Vonstein. Gebiet kontrollieren und absichern, Evakuierungszentrum in der Gesamtschule betreiben, Verpflegung organisieren usw. Da sind hunderte Helfer am Start. Immerhin: Das Marienhospital und das Christliche Kinderhospital dürfen diese Mal offenbleiben. Der Osnabrücker Hauptbahnhof ist allerdings wieder komplett dicht. Das bedeutet auch erhebliche Einschränkungen für den Fernverkehr. 

Kleines Trostpflaster: Für alle aus dem Evakuierungsgebiet haben der Osnabrücker Zoo, das Schinkelbad und das Hotel Westerkamp am 16. Februar vergünstigte Preise im Angebot. Außerdem bieten das Museum am Schölerberg, Museumsquartier und Kunsthalle mit besondere Angeboten während der Bombenräumung. 

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Foto: picture alliance / dpa

Gefährliche Arbeit der Sondengänger

Bis zum Wochenende gehen die Bauarbeiten auf der Mega-Baustelle Lok-Viertel unterdessen ganz normal weiter. Riesige Bagger rollen über die Baustraßen. Trecker räumen Tonnen von Erdreich beiseite – unweit der Verdachtspunkte. Davon hat sich unsere Reporterin Sarah Buletta hautnah überzeugt. Zusammen mit Klaus Niehoff, einem Kampfmittelexperten der Firma Köster, die die Tiefbauarbeiten auf dem Gelände macht, darf sie bis auf ca. 20 Meter ran, an die abgesperrten Fundstellen. Die Experten rund um Klaus Niehoff haben einen Bauzaun aufgestellt und den Bereich mit pinker Sprühfarbe markiert. Niehoff schätzt, aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, dass es sich bei der vordersten Fundstelle um eine fünf Zentner Bombe handelt. Darauf würden die Daten der Oberflächen- und Tiefensondierung hinweisen. Ganz sicher könne das aber natürlich nur der Sprengmeister am Tag der Entschärfung beurteilen. Beim Blick über das Baufeld wird deutlich, dass es weit mehr als vier Verdachtspunkte sind, die die Kampfmittelsondierer während der Bauarbeiten entdeckt haben. 

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Was auf die Osnabrücker noch zukommt...

Das Team von Klaus Niehoff hat, wie er sagt, insgesamt zehn potenzielle Blindgänger gefunden. Vier davon werden am Sonntag näher untersucht. So hat es der niedersächsische Kampfmittelräumdienst (KBD) beschlossen. Sieben Blindgänger zu bearbeiten, wie beim letzten Mal, sei einfach eine zu große Belastung für alle Beteiligten, heißt es vom Leiter Thomas Globig. Das sei nicht zuverlässig und sicher zu schaffen. Die Stadt Osnabrück hält sich an die Vorgaben.

Antenne Niedersachsen Reporterin Sarah Buletta und Jan-Peter Zuther vom Tiefbauunternehmen Köster
Jan-Peter Zuther vom Tiefbauunternehmen Köster

Köster Tiefbau-Geschäftsführer Jens-Peter Zuther macht sich Sorgen, dass die Arbeiten durch die vielen Einsätze zu sehr ins Stocken geraten. Außerdem sei es ihm für die Lebensbedingungen der Osnabrücker wichtig, nicht zu viele Evakuierungstermine zu provozieren. Er fordert deshalb Sprengmeister aus anderen Bundesländern hinzuzuziehen und dass sein Team „in Zukunft in Zusammenarbeit mit dem KBD, alles so gut vorbereiten kann, dass die Sprengmeister so viel wie möglich an einem Tag abarbeiten und sich nicht zunächst mal mit dem Freilegen beschäftigen müssen.“ Das sei nicht nur sein Angebot, sondern sein dringender Wunsch, so Zuther weiter. Für zukünftige Räumungstermine wünscht er sich mit allen Beteiligten alle Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, wie es gelingen kann, an einem Evakuierungstermin alles abzuräumen. Wann die anderen verdächtigen Stellen untersucht werden, kann allerdings noch niemand sagen. 

Für die kommende Räumung am 16. Februar bleibt es bei vier Verdachtspunkten, die die Sprengmeister angehen. Ob es schneller geht als die 16-stündige Aktion beim letzten Mal, hängt von der tatsächlichen Anzahl der Blindgänger, ihrer Beschaffenheit und letztlich auch von den Anwohnern im Evakuierungsgebiet ab. Im November hatten Menschen die Arbeiten behindert, weil sie entweder morgens nicht rechtzeitig ihre Wohnung verlassen hatten oder abends zu früh versuchten wieder nach Hause zu gelangen. 

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