10. September 2020 – Lea Biskup

Konventionelle Lebensmittel müssten deutlich teurer sein

Lebensmittel und ihre wahren Preise

5,09 Euro Euro für 250 gemischtes Hackfleisch und 1,75 Euro für einen Liter Milch: So viel müssten unsere Lebensmittel kosten, wenn wir die "wahren Kosten" für die Herstellung bezahlen würden. Dazu zählen z. B. die Kosten von Umweltschäden, die bei der Herstellung der Lebensmittel verursacht werden. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Augsburg stellt der Discounter PENNY eine Berechnung "wahrer Verkaufspreise" vor.

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Foto: picture alliance/dpa

Wenn wir einkaufen gehen, sehen wir auf den Preisschildern den Verkaufspreis, den wir auch an der Ladenkasse für das Produkt bezahlen. Doch mit dem Verkaufspreis bezahlen wir nicht alle Kosten, die das Produkt verursacht. Die sogenannten "verstecken Kosten", die bei der Erzeugung der Lebensmittel, deren Weiterverarbeitung, dem Transport und Konsum verursacht werden, werden mit dem Verkaufspreis nicht oder nur teilweise abgedeckt.

In Zusammenarbeit mit der Uni Augsburg hat der Discounter Penny, die "wahren Kosten" für insgesamt 8 Lebensmittel berechnet. Das Überraschende: Die aktuellen Preise von Bio-Lebensmitteln kommen den wahren Kosten deutlich näher als die Preise der konventionellen Lebensmittel.

Was sind "wahre Kosten"?

Die Erzeugung unserer Lebensmittel hat z. B. durch den Ausstoß von Treibhausgasen und Stickstoff ökologische und soziale Auswirkungen, die Geld kosten, um sie zu beheben. Wenn nun diese "versteckten Kosten" mit dem Verkaufspreis zusammengerechnet werden, wird sich den "wahren Kosten" angenähert.

Die "wahren Kosten" oder auch "True Costs" beinhalten Umwelt- und soziale Folgekosten, die bei der Lebensmittelherstellung anfallen. Diese Kosten werden von Lebensmittelproduzenten verursacht und aktuell, wenn auch indirekt, von der Gesamtgesellschaft mitgetragen, z. B. bei der Wasserrechnung für die Aufbereitung von Trinkwasser, das durch Düngemittel belastet ist.

Mit Hilfe der Berechnung der "wahren Kosten" können Verbraucher sehen, welcher tatsächliche Preis für Lebensmittel derzeit schon anfällt. Und dieser Preis unterscheidet sich teils deutlich von den Preisen an der Supermarktkasse. "Mit den wahren Kosten wollen wir unseren Kunden eine wichtige Information geben, die sie so bisher noch nicht hatten", erklärt Andreas Krämer, PENNY-Pressesprecher gegenüber Antenne Niedersachsen. Doch wie hoch sind die "wahren Kosten" unserer Lebensmittel wirklich? Eine exakte Antwort darauf zu geben ist schwierig, doch eine Annäherung durchaus möglich.

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Ein Preisschild weist neben dem Verkaufspreis auch den "wahren Preis" aus in einem Penny Supermarkt. Egal ob Klimawandel oder Wasserverschmutzung: Viele Umweltschäden, die die Landwirtschaft verursacht, werden bislang bei den Lebensmittelpreisen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt. Täte man es, würden die Preise für Fleisch, Milch und Käse explodieren.

Die Studie

Um sich den "wahren Kosten" anzunähern, haben Wissenschaftler der Universität Augsburg insgesamt acht konventionell und ökologisch erzeugte Lebensmittel des Discoutners PENNY (Apfel, Banane, Kartoffeln, Tomate, Mozzarella, Gouda, Milch, gemischtes Fleisch) miteinander verglichen. Berücksichtigt wurden dafür die Folgekosten des Einsatzes von Stickstoff, Klimagasen, Energie und Landnutzungsänderungen. Aufgrund der Datenlage konnten weitere Indikatoren entlang der Produktionskette wie Folgen durch Antibiotikabenutzung, nicht in die Berechnungen einfließen.

Ziel war es, diese Folgekosten für die Verbraucher sichtbar zu machen. Im Falle der Studie wurden dazu neben den ausgeschrieben Verkaufspreisen auch Verkaufsetiketten mit den "wahren Kosten" angebracht.

Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass der Preisaufschlag der "wahren Kosten" bei Bio-Produkten deutlich geringer ausgefallen ist als bei konventionellen Produkten: Aufgrund der exemplarischen Untersuchung müssten die aktuellen Verkaufspreise der konventionell erzeugten untersuchten Lebensmittel durchschnittlich um 62 % steigen. Bei den aktuellen Verkaufspreisen entspricht das einer durchschnittlichen Preissteigerung von 2,30 Euro pro Kilogramm. Bei Bioprodukten liegt die Preissteigerung im Schnitt bei 35 % bzw. 2,28 Euro pro Kilogramm.

Das bedeutet 500 g gemischtes Hackfleisch kosten laut den Berechnungen der Wissenschaftler statt 2,79 Euro inklusiver "wahrer Kosten" 7,62 Euro (konventionelle Landwirtschaft). Das gemischte Bio Hackfleisch (250 g) kostet statt 2,25 Euro inklusiver "wahrer Kosten" 5,09 Euro.

Die Ergebnisse im Detail:

LebensmittelProduktionsartPreisaufschlag
ApfelKonventionell / Bio8% / 4%
Banane Konventionell / Bio19% / 9%
KartoffelnKonventionell / Bio12% / 6%
TomateKonventionell / Bio12% / 5%
MozarellaKonventionell / Bio52% / 30%
GoudaKonventionell / Bio88% / 33 %
MilchKonventionell / Bio122% / 69%
Gemischtes FleischKonventionell / Bio173% / 162%

"Die wahren Kosten zeigen, dass bei den Bio-Produkten im Vergleich zum konventionellen Pendant der Verkaufspreis zwar höher, der Aufschlag für die wahren Kosten aber geringer ausfällt. Das heißt, der höhere Preis für Bio spiegelt die Umweltfolgekosten realistischer wider", so Krämer gegenüber Antenne Niedersachsen.

Beispielhaft hat PENNY die Ergebnisse der Studie in die Verkaufspreise von Mozzarella, Gouda, Milch und Hackfleisch einfließen lassen und die "wahren Kosten" neben den aktuellen Verkaufspreisen ausgeschrieben. In untenstehender Tabelle sind die aktuell bei PENNY ausgezeichneten Lebensmittelpreise inklusiver der "wahren Kosten" nachzulesen.

LebensmittelVerkaufspreis Konventionell / "Wahre Kosten"Verkaufspreis Bio / "Wahre Kosten"
Mozzarella0,59 Euro (125 g) / 0,89 Euro (125 g)
0,89 Euro (125 g) / 1,16 Euro (125 g)
Gouda1,99 Euro (400 g) / 3,74 Euro (400 g)1,99 Euro (200 g) / 2,64 Euro (200 g)
Milch0,79 Euro (1 Liter) / 1,75 Euro (1 Liter)
1,09 Euro (1 Liter) / 1,84 Euro (1 Liter)
Gemischtes Fleisch2,79 Euro (500 g) / 7,62 Euro (500 g)
2,25 Euro (250 g) / 5,09 Euro (250 g)

Lebensmittelpreise in Deutschland

Im europaweiten Vergleich liegen die Lebensmittelpreise in Deutschland mit 102 Prozent nur geringfügig über dem EU-Durchschnitt. Das hat eine Preisniveau-Erhebung von Eurostat im Jahr 2018 ergeben. Damit die Lebensmittelpreise aller europäischen Länder vergleichbar sind, erstellt die europäische Statistikbehörde Eurostat sogenannte Preisniveauindizes: Wenn der Preisniveauindex eines Landes über 100 liegt, sind die Produkte dort teurer als im EU-Durchschnitt, liegt der Index unter 100 sind sie günstiger.

Deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegen Dänemark (130 Prozent), Österreich (125 Prozent), Luxemburg (125 Prozent), Irland und Finnland (je 120 Prozent), Schweden (117 Prozent) und Frankreich (115 Prozent). Am wenigsten zahlen Rumänien (66 Prozent), Polen (69 Prozent) und Bulgarien (76 Prozent).

Im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern geben wir Deutsche in Bezug zu unserem Einkommen wenig Geld für Lebensmittel aus. Die Konsumausgaben für Lebensmittel in privaten Haushalten belaufen sich bei uns in Deutschland auf 10,8 Prozent. Noch weniger geben Österreich und Luxemburg mit 9,7 bzw. 9,1 Prozent aus sowie Irland (8,7 Prozent) und Großbritannien (7,8 Prozent). Rumänien liegt mit 27,8 Prozent auf Platz eins, gefolgt von Italien (14,1 Prozent) und Frankreich (13,1 Prozent). Der EU-weite Durchschnitt liegt bei 12,1 Prozent.

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